Route 16-60 - "Das Labyrinth der Dr. Wangen", 12.,13.10.2024
Unsere heitere "Büro-Revue" - Theater und Musik, dargestellt und gesungen vom Chor Route 16-60
Ganz großes Kino“: Dieser Begriff ist mittlerweile geläufig dafür, wenn etwas besonders beeindruckend war. Im Fall der „Büro-Revue“ des Chors „Route 16-60“ am vergangenen Samstag und Sonntag könnte man sagen: „ganz große Bühnenshow“.
Wolfgang Wirsching, Dirigent, Arrangeur und Bandleader in einem, begrüßte die vielen Gäste mit einer legeren Einführung. Die „Büro-Revue“ bedeutete ein Theaterstückchen, das im Vordergrund gespielt wurde, zusammen mit grandioser Musik und dem bekannten und beliebten Chor „Route 16-60“ mit Gesang, der einem wirklich Respekt abnötigte.
Anfangsapplaus fällt aus
Die Bandmitglieder hatten vor der Bühne Platz genommen. Über einige rockige Klänge war man schon mittendrin in der Aufführung. Mit „Air“, einem für einen Chor sehr schweren Stück, das nur aus einer Abfolge von „Ah“, „Da“ und „Mm“ bestand, begann das Konzert. Die Besucher waren so gespannt und vertieft, dass sogar der Anfangsapplaus ausfiel.
Und tatsächlich schaffte es Hauptdarstellerin Svenja Weid als Projektmanagerin „Dr. Wangen“, das Publikum bis zum Ende gefangen zu nehmen.
Bei „Goldfinger“ war satter Sound zu hören und man wunderte sich, dass da wirklich nur eine Handvoll Musiker und der große Chor dahinter steckte. Keine zusätzliche Einspielung von großer Filmmusik, keine Tricks, purer selbst gemachter Sound von der großen Bühne herab.
Alle haben einen Partner
Hausmeister Schnauz berichtet Dr. Wangen von seinen Problemen.
Auftritt Dr. Wangens Mitarbeiter: Sekretärin Frau Mollig, eloquent gespielt von Ute Liebermann, berichtete von ihrem Mann und seiner Spezialität „Falscher Hase“ und Hausmeister Schnauz alias Michael Pülz breitete in herrlichem Stakkato-Berlinerisch seine Beziehung zu seiner Frau aus und berichtete über Verhältnisse anderer Mitarbeiter.
Bei „I wanna dance with somebody“ wurde einem die Einsamkeit der Hauptdarstellerin klar. Da saß sie und wunderte sich, dass alle anderen mit einem Partner gesegnet waren. Nur sie, sie konnte mit niemandem Hand in Hand über die „Piazza“ schlendern. „What a feeling“, was für ein Gefühl würde das wohl sein, wurde musikalisch gefragt.
Vielleicht per Kontaktanzeige?
Dr. Wangen kommt darauf, eine Kontaktanzeige zu formulieren und via Computer abzuschicken. Was ist sie eigentlich für eine, fragt sie sich selbst. „Material Girl“ und „Money Money Money“, die Höhen perfekt getroffen, sang der Chor dazu.
Dr. Wangen schimpfte mit sich nach dem ersten Entwurf. „Da melden sich ja doch nur Psychopathen“, warnte sie sich ärgerlich. Deshalb wollte sie sich nicht selbst anpreisen, sondern Anforderungen an ihren Wunschmann formulieren – und verwarf sogleich wieder alles. „When Love takes over“, kam zum Vortrag und der gesamte Saal war gefangen von der wunderschönen Musik und dem Leiden der Schauspielerin.
Wer kann helfen?
Dirigent Wolfgang Wirsching sorgte für Höchstleistungen von Band und Chor.
Wunderbar zur Szene passte auch der Song „Bridge over troubled water“. So schön das Lied, so hin- und hergerissen war man von der Darbietung der Hauptdarstellerin, die mittlerweile alles rückgängig machen wollte. Doch die automatische Speicherung sorgte dafür, dass kein Mittel der Löschung griff. In ihrer Verzweiflung rief sie bei Etagennachbar Peter, herrlich gespielt von Julian Fleischmann, an. Sicherlich könnte ihr der junge Mann helfen? Doch der dachte nicht daran. In breitestem Ami-Slang lud er die attraktive Büronachbarin zum „Kiffen und Kuscheln“ ein. Sie solle sich entspannen, einfach alles liegen lassen und „rüber kommen“. Keine wirkliche Hilfe.
Nach der Pause stand Austro-Pop auf dem Programm. Mit „Weit, weit, weg“ und „Bergwerk“ war anrührende Musik angesagt. Dr. Wangen schöpfte Hoffnung. Vielleicht konnte ihr Heinrich Smart helfen. Der Kollege aus der „IT-Abteilung“ wurde von Uwe Stegner verkörpert. Stegner spielte nicht nur kompetent, sondern zeigte, dass er auch musikalisch etwas drauf hat. Er dirigierte den A-Capella-Song „Ehrenwort“, dargeboten von Svenja Weid, Claudia Weid, Alexandra Wiesner, Heidi Stehl, Claudia Schröder, Larissa Stettner, Helmut Schmidt, Günther Schlaf, Peter Frank und ihm selbst.
Der perfekte Mann
Svenja Weid als Dr. Wangen nahm das Publikum von Anfang an mit auf ihrem„Leidensweg“ durch die Welt der Computer und des... Foto: Stefan Motschenbacher
Im nächsten Lied gab er als Adriano Celentano „Azzuro“ zum Besten. Das Publikum war hellauf begeistert und sparte nicht mit Applaus, die Band war auf dem Punkt korrekt und Dirigent Wolfgang Wirsching „in seinem Element“.
Dieser IT-Fachmann schien ein wirklich passender Mann zu sein. Dr. Wangen war begeistert, fast schon ein bisschen verliebt. Allerdings kam sie schnell auf den Boden der Tatsachen zurück, als sie bemerkte, dass er ja schon sechs Kinder von drei Frauen hatte und die momentane Gattin wirklich nett war.
Offenes Ende
„Wunder gescheh´n“ war das nächste, passende Musikstück. Der Heiratsannoncentext war gelöscht. Nun saßen die beiden Akteure am Keyboard, schmachteten sich an, tranken ein Bier miteinander und spielten „Thank you for the music“, wobei Ute Liebermann als Solistin glänzte.
Warum das Ende der Geschichte so offen gestaltet wurde, bleibt vorerst ein Geheimnis der Autorin. Marion Roden, am Samstag persönlich vor Ort, hat die Geschichte extra für den Chor „Route 16-60“ geschrieben.
Vorsitzende Larissa Stettner dankte den Schauspielern des großen Werks: (v. li.) Uwe Stegner, Ute Liebermann, Hauptdarst... Foto: Stefan Motschenbacher
Die vielen Besucher, wollten nicht wahrhaben, dass die Aufführung damit schon enden sollte. Der lange Applaus und die „Zugabe“-Rufe wollten nicht verstummen. So inszenierten Chor und zum Abschluss „YMCA“ mit der gesamten bekannten Choreografie, bevor Uwe Stegner nochmals als Adriano auf die Bühne kam. Letztlich sorgte nur das Licht dafür, dass Publikum und Darsteller begriffen, dass der große, schöne Abend Geschichte war.
Lange Dankesliste
Ganz oben auf der langen Dankesliste von Vorsitzender Larissa Stettner standen Chor, Band und Schauspieler, außerdem Dirigent Wolfgang Wirsching. Dieser stellte dem Publikum die Band vor: Am Klavier Viktor Neuwert, am Schlagzeug Jörg Lenz, am Saxophon Ina Hennemann, an der Trompete Martin Gmell, an der Gitarre Michael Messner und am E-Bass Marius Kühnlein. Larissa Stettner dankte außerdem den Technikern Peter Bauer und Louis Bernert sowie den vielen Helferinnen und Helfern und den Sponsoren.
Bleibt abzuwarten, ob „Dr. Wangen“ noch einmal auf die Bühne zurückkommt und mit ihren skurrilen Arbeitskollegen, vielleicht im nächsten Jahr, noch einmal die „ganz große Bühnenshow“ zeigen wird.
(Bericht und Bilder aus dem Obermain-Tagblatt, 17.10.2024, Stefan Motschenbacher)